Mittwoch, 29. Juni 2011

Ein ganz normaler Tag am JSC

Auch wenn´s gerade nichts Spezielles zu erzählen gibt, dachte ich dass ich mich mal wieder melden muss. Vor allem zur Beruhigung dass ich es bleifrei aus Mexiko zurück geschafft habe! Anbei also ein paar Bilder was sich seit dem letzten Eintrag so getan hat und wie mein Durchschnittstag am JSC so aussieht.

Dieser begann heute um ca. 8:30 mit LapTop einschalten, gemütlich Emails checken und kurz ein paar Daten auswerten von unseren Tests. Danach wollte ich eigentlich mit meinem Semesterarbeitsbetreuer in München telefonieren. Er ist wohl schon daheim. Also ruf ich im TestSubject Center an, ob ich mir meine Unterlagen abholen kann und mache mich auch gleich auf den Weg. Und ja, dieser liest sich jetzt wohl wie ein Märchen.
Raus aus meinem Büro, vorbei an “Habitat Design Studio“ und „Space Radiation Office“. Die Stiege runter wo alle möglichen kleineren Raketenantriebe der Space Propolsion Division umherliegen. Tür raus und man weiß wieder dass man sich im sommerlichen Texas aufhält. Ich erschrecke und glaube Fata Morgana zu sehen: Gegenüber am Space Food Lab Gebäude steht ein Reh. Hat wohl auch Hunger und die Security hat den fremden Eindringling nicht sehr gut kontrolliert. Das Reh hat keinen Ausweis. Zu Fuß geht es weiter ans andere Ende des JSC – Campus. Vorbei am Space Food Lab, dem Mission Control Center, Kantine und MockUp Building. Hm,… in welches Gebäude musste ich nun mal? Diese Bunkerähnlichen Bauten unterscheiden sich nicht sehr deutlich voneinander und auch die Nummerierung entspricht keiner Logik. Also weiter dem Gefühl nach in Richtung Südwesten und vorbei an einer Gruppe Touristen welche gerade aus dem MockUp Gebäude raus strömen um wieder ihre Tramtour durch das JSC aufzunehmen.
Gefunden: Building 37 – nichts wie rein in den gut klimatisierten Eingangsbereich und eine Runde durch die Labyrinthartig aufgebauten Gänge. Building 37 diente übrigens als Quarantäne Quartier für die Mondastronauten nach ihrer Rückkehr. Einige Wissenschaftler befürchteten, dass sie unbekannte/außerirdische Bakterien, Viren o.ä. vom Mond einschleppen könnten. Auch heute befindet sich noch das „Space Toxicological Lab“, Biochemical Hazard Lab“ u.ä. in diesem Gebäude. An den Wänden, bzw. all den Warnschildern leicht zu erkennen dass sich hier der Biologenspielplatz befindet. Also kurz meine Unterlagen holen und schnell wieder raus hier.
Am Weg zurück noch kurz ins Building 7 vorbei wo ich einer Kollegin noch etwas vorbeibringen muss. Dass man hier die EVAs plant ist der Einrichtung nach auch schnell ersichtlich. Also Extra-Vehicular-Activitiy was so viel heißt wie Weltraumspaziergang. Rauf in den zweiten Stock und vorbei an all den spektakulären Bildern. Vorm Ausgang nochmal schnell an ein paar Raumanzügen vorbei und dem verschiedenen Anschauungsmaterialen aus welchen sie bestehen. Der von Enten und Gänsen vollgekackte Gehweg zurück führt noch am „Astronauts Office“ und dem Administrationgebäude vorbei. Er sollte mal besser wieder gewaschen werden, denn Regen könnte noch länger dauern.

Monterrey - Millionenstadt zwischen Smog und Berg

70.000 im Reliant Stadium beim Goldcup Semifinale USA-Panama und Mexiko-Honduras. Hier das 2. Match des Abends mit dem späteren Titelgewinner Mexiko.


Sonnenuntergang, gesehen vom Stadium, über Houston´s Vorstadt.
Ja das ist tatsächlich nur die westliche Vorstadt und hat mich ein bisschen zum recherchieren angeregt: Houston (Ø45km) ist etwa so groß wie das Mühlviertel ohne Bezirk Rohrbach und Mexiko City (Ø50km); München: Ø15km

 

Donnerstag, 16. Juni 2011

Failure is not an Option

So das inoffizielle NASA Motto und Titel des Vortrags von Gene Kranz.
Herr Kranz war Flight Control Direktor am Mission Control Center während des Gemini und Apollo Programms und Chef des „Tiger Teams“ welches für die Rettung der Apollo 13 Crew verantwortlich war. Zusätzlich hat er gravierende Änderungen nach dem Tod der Apollo 1 Crew veranlasst und ist Träger der Presidential Medal of Freedom. Es war also eine einzigartige Ehre diesem Menschen und seinen Erfahrungen inmitten der Mauern des Mission Control Centers zu lauschen.

Man muss wissen das im Publikum wohl keiner älter als 25 war und aus Praktikanten, Coops oder jungen Mitarbeitern bestand, also der „NASA Nachwuchs“. Das hat Gene Kranz (78) wohl besondere Freude gemacht und alle nochmal extra motiviert, Risiken in Kauf zu nehmen um Ziele (Mond/ Mars) zu erreichen. Wie auch immer, es war ein außergewöhnlicher Vortrag und schwer in kürze darüber zu berichten.

Gestern Abend stand dann amerikanische Sportkultur am Programm, nämlich ein Baseballspiel der Houston Astros gegen die Pittsburgh Pirates. Houston hat die Anweisungen von Mr. Kranz nicht ganz befolgt und sich ein paar Fehler erlaubt wodurch das Match 0:1 verloren ging. Bis ich die ganzen Spielregeln verstanden habe war das Spiel auch fast wieder vorbei und scheinbar ist es bei dieser Sportart üblich, irgendwann zu kommen und irgendwann zu gehen.

Kommendes Wochenende geht’s nach Mexiko. Hoffentlich ohne Fehler, denn Fernando hat mir ein wenig Angst vor seiner Heimatstadt gemacht. Monterrey liegt im nördlichen Mexiko nahe der Grenze zu den USA und mitten im „Kriegsgebiet“. Alleine gestern fanden 33 Hinrichtungen auf offener Straße statt. Bin aber trotzdem zuversichtlich dass es ein nettes Wochenende wird und das mexikanische Nachtleben auch seine schönen Seiten hat ;-)

 
Gene Kranz

Fernando und Ich im Minute Maid Park...

...natürlich überdacht und klimatisiert.

Montag, 13. Juni 2011

Everything´s bigger in Texas

Eine ganz „normale“ Arbeitswoche mit dafür aufregendem Wochenende neigt sich wieder dem Ende. Ich habe gerade nachgezählt und irgendwie befinde ich mich mittlerweile schon in meiner zweiten Halbzeit. Die Zeit scheint hier noch schneller zu vergehen als sonst wo, da es wirklich keine Woche gibt in welcher man nicht irgendetwas Besonderes entdeckt. Und ich frage mich wie lange die NASA noch Stoff dafür bieten kann ;-)
Der Grund in dieser Woche war Gebäude 220 – Labor für Planetare Habitate. Also Gebilde welche es Menschen ermöglichen soll Himmelskörper wie Mond und Mars dauerhaft zu besiedeln. Problem dabei: man muss zuerst mal sehr viel Zeugs dorthin bringen und zweitens noch lernen die gegebenen Ressourcen zu nutzen bzw. finden (Wasser, Nahrung, Energie,…). Ein Habitat kann 4-6 Personen beherbergen und muss dabei noch Schutz gegenüber Naturgefahren bieten, an welche auf der Erde keiner denkt: Mikrometeoriten, Strahlung, Vakuum und extreme Temperaturdifferenzen. Also unsere Kilometerdicke Atmosphäre auf drei Zentimeter Schutzhaut komprimiert. Science Fiction pur, aber die Leute werden tatsächlich bezahlt um daran zu forschen und testen das Ganze auch regelmäßig in der Wüste Arizonas.
Vielleicht nehmen sie mich ja mal als Proband dorthin mit ;-) den seit dieser Woche bin ich medizinisch getestet und zertifiziert um der NASA als „Test Subject“ zu dienen. Wird wenn dann allerdings eher hier am JSC mit meinem Raumanzugsprojekt zu tun haben.

Am Freitag ging´s dann spontan mit ein paar anderen NASA Praktikanten nach Austin. Diese trafen in den letzten Tagen mehr und mehr für die Sommersaison ein und organisieren auch sonst ziemlich interessante Veranstaltungen. So steht z.b. morgen eine Vorlesungen von Gene Kranz am Programm. Er war Flight Direktor der Apollo Missionen und Mr. „Failure is not an Option“.

Lunar Habitat. Für den 2. Stock ist gerade ein Designwettbewerb am laufen, wobei die Siegeruniversität ihren Enwurf nochmals in der Wüste vorstellen darf. Hier der Entwurf der Oklahoma State University.


Capitol of Texas in Austin, natürlich 2m höher als das Weiße Haus in Washington.

River Floating am Guadeloupe River nahe Austin.
Zu wenig Wasser, zuviele Menschen aber trotzdem ganz nett.

Spektakuläre Aufnahme der ISS von Paolo Nespoli, auf seiner Rückkehr zur Erde vor drei Wochen an Bord der Soyuz. Das erste Bild der fertigen ISS, inkl. Spaceshuttle (links) und ATV (rechts) und zweiter Soyuz.

Sonntag, 5. Juni 2011

KW 22

Diese Woche begann mal ganz gemütlich mit dem ersten Feiertag seitdem ich hier bin. Davon gibt’s nur 10 pro Jahr und auch die Urlaubstage sind um einiges weniger als man das in Europa gewöhnt ist. Darum gehen hier viele auch an einem Feiertag zur Arbeit um sich diesen freien Tag aufzusparen und später zu einem längeren Urlaub zusammenzufassen. Wir nutzten den Memorialsday für einen kleinen Strandausflug nach Galveston. Bilder dazu will ich euch mal ersparen, denn es war mit Abstand der hässlichste Strand den ich je gesehen habe. Aber nein, das liegt nicht an dem Ölunglück von letztem Jahr, sondern einfach daran das die Golfströmung all den Dreck und Schlamm vom Mississippi Richtung Westen schwemmt. Auch vom letzten Hurrikan Ike vor drei Jahren hat sich die Insel noch nicht ganz erholt. Und ja,.. die Amis steuern noch ihren Extrabeitrag zur Hässlichkeit bei, indem sie ihre Trucks natürlich gleich neben dem Strandtuch parken müssen und jeder seinen eigenen Grill und laute Musik mitbringt, aber gut… so sind sie halt die Texaner ;-)

Zurück zur Arbeit machten wir dann mal ganz zufällig einen großartigen Fund im „Hinterland“ des JSC Geländes. Eine alte Titan-Gemini-Rakete in voller Größe,- das Vorgängerprogram von Apollo in welchem wertvolle Erkenntnisse für die Mondmission erlangt werden konnten.

Außerdem standen am Donnerstag und Freitag zwei Postflightmeasurements mit den Astronauten Cady Coleman und Paolo Nespoli an. Diese kamen gerade via Sojuskapse in Kasachstan von ihrem halbjährigen ISS Aufenthalt zurück zur Erde und machten im Februar die gleichen Spinal-Elongation Messungen wie wir sie vorletzte Woche bei zwei weiteren Astronauten durchführten. Im Rahmen des gesamten Projekts werden diese Daten zum Vergleich davor, während und nach ihrem Weltallaufenthalt gemessen.

Außerdem stand am Donnerstag noch die „STS-134 Crew Return Ceremony“ am Ellington Airfield am Programm. Eine kleine traditionelle Feier am NASA Flughafen unweit des JSC wo die Astronauten zurück „Daheim“ begrüßt werden. Obwohl sie in Florida starten und landen, leben und arbeiten die Astronauten hauptsächlich hier in der Umgebung.

Eine alte Gemini-Titan Rakete.


Die Gemini-Kapsel (nur das schwarze Stück) in welcher zwei Astronauten bis zu 14 Tage im Weltall ausharren mussten.

Das stille Örtchen am Space Shuttle ;-)

Hier ist schon mehr los: der Commanderseat.

Einstiegsluke zum Space Shuttle.

Der italienische ESA Astronaut Paolo Nespoli nachdem wir ihn vermessen haben. Er ist normalerweise 189cm groß, wuchs im Weltall auf ca. 194cm an und ist mittlerweile wieder fast so "klein" wie vorher.
Dass Ihm die Schwerkraft erst seit 12 Tagen wieder hat, ist ihm leicht anzuerkennen: blasse Haut und dünne Beine.

Empfang der Vorletzten Space Shuttle Crew 134 am Ellington Airfield.
Commander Mark Kelly und Pilot Gregory "Box" Johnson sind die beiden Astronauten ganz links (im blauen Anzug) welche wir vorletzte Woche vermessen hatten.

NASA - Privatjet am Elligton Flughafen.

Ja... so sehen sie wirklich aus. Polizisten und Sheriffs in Texas. ;-)